Die Klenger...

...und die Tannenzapfenbrecher Griesheims.
Heute werfen wir einen Blick in die Vergangenheit, 
der aber nicht weniger interessant sein dürfte?


Sie waren in grobe Leinwand gekleidet.
 (Die Tannenzapfenbrecher, namentlich die Griesheims, die sich in größere und kleinere Genossenschaften in den Kiefernwaldungen zwischen Rhein, Main und Neckar vertheilten...)

Kleidung aus Wolle wäre bei der Besteigung der oft 100 Fuß hohen Bäume 
viel zu hinderlich gewesen.
Bei nasser, kalter Witterung schützte ein ausgetragener Soldatenmantel ihre Glieder 
und eine leichte Mütze bedeckte den Kopf.
An kernhaften Stiefeln oder Gamaschenschuhen waren Steigeisen angebracht.
In dieser Montur kletterten die "Tannenvögel", deren Kühn-, Gewandt- und Sicherheit 
es mit jedem Eichhörnchen aufnehmen und noch dazu mit den Spechten wetteifern konnte, 
pfeilschnell hinauf in die Kronen, bis in die schlank´sten Wipfel hinauf, 
mit kräftigen und weithin hörbaren Tritten.
Das Knicken der Zweige, an denen die Zapfen hingen, ließ weithin ihre emsige Arbeit erahnen.
Die geernteten Zapfen wurden in einem leinernen, über die Schulter geworfenen Sack gesammelt.
Zapfen, die mit bloßen Händen nicht erreichbar waren, wurden mit einer Stange,
die einen Zoll dick und acht bis zehn Fuß lang war, 
auch von den höchsten und schwankensten Zweigen heruntergeangelt.
  (Dieses Werkzeug wurde im Knopfloch getragen und war an einem Ende mit einem Haken versehen)
War der Sack mit harzduftenden Tannenzapfen gefüllt, dann kletterten die fleißigen Arbeiter 
genauso schnell und sicher wieder von ihrem luftigen Throne auf die Erde herab 
und wärmten sich bei Bedarf am wärmenden Feuer oder sie setzten ihre Arbeit 
bis zur hereinbrechenden Abenddämmerung fort.

... so in etwa liest sich der Artikel aus "Die Gartenlaube," 
(hier zum einfacheren Lesen etwas abgeändert)
einem Vorläufer der Illustrierten aus dem Jahre 1867.
Schau mal rein, dort kannst du auch eine Geschichte über den Griesheimer "Kukuk" lesen!
 

Und wer waren die Klenger?

Hier wieder ein Auszug aus dem obigen Link:

Das Wort „Kleng“ kommt von klingen; ausklengen bedeutet in der forstwissenschaftlichen Sprache, die Nadelholzsamen durch Wärme und nachfolgendes Dreschen aus den Zapfen bringen, 
klingend herausspringen machen. 
Wenn man das Ohr an die geschlossenen Räume in der Fabrik legt, 
worin auf Horden die Samenzapfen der Nadelhölzer eingeschlossen sind, 
so könnte man beinahe sagen, daß sich bei der Geschwindigkeit
und den Veränderungen der Dichtigkeit der Wärme, durch die sich die Samenkapseln 
unter verschiedenen Klängen öffnen, eine „eigenthümliche Musik“ hören lasse. 
Keller’s Anstalt befaßt sich hauptsächlich mit dem Ausklengen von Kiefern-, Fichten- und Lärchenzapfen. 
Diese werden im Herbste und Winter von dem weniger bemittelten Theile der Landbevölkerung, namentlich Griesheims, in den umfangreichen Nadelholzwaldungen gebrochen
 und zum Verkaufe in die Fabrik gebracht. Zu diesem Zwecke beschäftigt dieselbe 
während der Wintermonate bei einer vollkommenen Ernte nahezu eintausend Menschen, 
welche sich über das ganze Großherzogthum Hessen und einen Theil der angrenzenden Länder verbreiten und dabei einen willkommenen und lohnenden Verdienst finden.

Ja, viele Klenger und Tannenzapfenbrecher,
 hat es hier im Ort/Stadt, in der Vergangenheit gegeben, als der Samenhandel florierte.
 Wie das "Klengen" im einzelnen funktionierte, auch das ist im obigen Link aus Wikisource nachzulesen.

 
Ganz bestimmt sind diese flinken "Tannenvögel"
auch in den Kiefern der "Griesheimer Düne" unterwegs gewesen?

 
 Genau genommen, müssten die hiesigen Baumkletterer, 
  nicht eigentlich "Kiefernzapfenbrecher" heißen?

(Nachtrag: Zur damaligen Zeit, hieß die Kiefer hier bei uns, die "Dann!" 
Mit Tannenbäumen darf man sie nicht verwechseln,
 diese gedeihen und wachsen hier auch nicht)

 
Wenn die Angaben dieses Hinweisschildes stimmen...
(was ich nicht bezweifle - Fotos vergrößern sich beim Anklicken)


Dann sind diese Kiefern mindestens an die 200 Jahre alt?


Das heißt, sie sind zur Zeit 
als mit dem hiesigen Wirtschaftszweig
 noch das tägliche Brot verdient wurde...


... sagen wir im Jahr1880, in etwa 100-130 Jahre alt gewesen? 


Egal, ein abenteuerlicher Broterwerb war das auf jeden Fall!


Dies ist die Halle der Firma Nungesser  
am Bahnhof in Griesheim, im Jahre 1910.


Hier werfen wir noch einen Blick in die 
 alte Reinigungshalle, der Firma Nungesser (1880).
 
(Beide Fotos stammen aus dem Jubiläumskalender, 
anlässlich der 850-Jahrfeier der Stadt Griesheim )


Ich gehe davon aus, das es in früheren Zeiten,
einen viel größeren und umfangreicheren Baumbestand 
in dieser Region gegeben haben muß
Zur heutigen Zeit, würde die "Samenausbeute
egal von welchen Nadelbäumen auch immer,  
wohl eher kläglich ausfallen!

 Sommer 2015

Schön anzuschauen sind die hiesigen "Geotypen" aber trotzdem. 


Für den Nachwuchs wurde im Jahr 2007 ebenfalls gesorgt...


...und meistens mit Erfolg!


Das ist die Blüte der hiesigen Waldkiefer.


Möge sie auch in kommenden Jahrzehnten... 
ach, was sage ich... "Jahrhunderten" noch ihre Früchte tragen!


*
 
Ein kleiner Nachtrag.
Der Spruch meiner Mutter ist mir eingefallen,
wenn sie Menschen sah, die ihr unangenehm auffielen:



Hurngenischt un´ Danneppelsleit,
Schandammevolk un´ Zores!

Ich versuche das ein wenig zu übersetzen:

Hurennester und Tannenäpfelsleute,
Gendarmerievolk und anderes schlechtes Gesindel!

(Mag sich nun jeder selber seinen Reim darauf machen)



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